Ich musste mich wirklich überwinden zum Aufbruch zu blasen, zu faul und zu schön war es hier. Ein Platz die Seele baumeln zu lassen.
Da muss man durch, Segel setzen und Kurs Nord, Richtung Lipsi abgesetzt.
Wieder klares Wetter, Wind 4-5bf aus Nordwest und ab geht die kurze Rausche Fahrt.
Es waren mal gerade 8 Seemeilen bis zur Süd Bucht von Lipsi, die wir noch nicht kannten.
Glückliche Entscheidung. Die Lira Reede ist eine der schönsten Ankerplätze im Archipel.
Bestens nach Norden geschützt und hinter einem Inselchen ist der allgegenwärtige Schwell kaum zu spüren. Wir ankerten auf 6m Tiefe über gut haltendem Sandgrund und bald ruckelte die Dream sanft an ihrer Kette, als wolle sie zeigen wie wohl sie sich fühlt.
Ein schöner Ort, gut für ein paar Tage. Doch mit des Geschickes Mächten… Der Wetterbericht sagt Süd. Diese Bucht kann alles ab, nur keinen Südwind.
Nun gut, gebummelt haben wir lange genug in Panteli. Auf nach Lipsi Hafen. Bei Südwind auch nicht die Offenbarung aber immer noch besser als eine nach Süden offene Bucht.
• Datum: 27.05.2011 Standort Lipsi Hafen
• Logge: 9004
• Wetter: S 5
• Pos: 37°17‘40“ N, 26°45‘59“ O
Anderntags verlegen wir uns nach Lipsi Hafen.
Lipsi ist ein Hafen mit zwei Gesichtern. Wunderschön gelegen und relativ sicher aber in der Saison, wenn viele Boote unterwegs sind, sehr unruhig. Der Betonpier, an dem gewöhnlich fest gemacht wird, liegt quer zur vorherrschenden Windrichtung. Das Boot wird breitseits vom Wind, oftmals von heftigen Böen, getroffen. Wer hier seinen Anker nicht sorgfältig ausgebracht und genügend Kette gesteckt hat, erlebt sein blaues Wunder. Der Anker geht unweigerlich auf Slip und die Yacht legt sich auf den leewärtigen Nachbarn. Wenn dessen Anker hält, Glück gehabt. Wenn nicht, und so weiter. Wir haben in einer Nacht, so was passiert immer nachts, dreimal den Anker neu ausbringen müssen, weil ein paar Charterer meinten mit 5 Metern Kette wäre guter Seemannschaft Genüge getan. Warum verschiedene Leute so schottisch mit ihrer Ankerkette umgehen wird mir wohl immer verschlossen bleiben. (Nicht alle Charterer ankern schlampig. Ich habe viele, hervorragend geführte Charteryachten, erlebt.)
Es gibt einen Platz an der Mole, der frei all dieser Probleme ist. Der Platz am Molenkopf. Von Revierkennern bevorzugt und deshalb auch selten unbesetzt.
Wir liefen in den Hafen ein und trauten unseren Augen nicht. „Hey Hanni, der Kopf ist frei, der ist unser“, knurrte ich.
Anlegen war ein Klacks, weil ein lieber Zeitgenosse die Leinen nahm und gerade kein Wind war.
Gleich nach dem Anlegen tauchte Janis auf. Janis ist der Hafenmeister und Mädchen für alles. Janis gibt Auskunft, Janis dreht das Wasser auf, Janis legt abenteuerliche Elektrokabel, kassiert und ist vor allem für die Mülltrennung und deren Überwachung verantwortlich.
So werden jedem einlaufenden Boot, gleich nach dem Festmachen, sechs unterschiedlich farbige Müllbeutel und ein Merkblatt mit genauer Anweisung der Zuordnung von Farben und Müllsorte, übergeben.
Nun ist auf den meisten Yachten der Platz für ein Müllgefäß schon sehr eingeschränkt, wenn aber sechs Platz finden sollen, wird das schnell zum Problem. Folglich wird der Abfall, wie er anfällt, wahllos in die Säcke, gleich welcher Farbe, gestopft.
Noch im vorigen Jahr kam irgendwann die Müllabfuhr, sammelte die Säcke ein und warf sie unsortiert auf einen Pritschenwagen. Das sah schön bunt auf dem Laster aus. Ob die Ladung anschließend wieder getrennt oder sortiert wurde, wusste keiner so genau. Der Inhalt der Säcke interessierte auch niemanden.
Anders dieses Jahr. Wie gewohnt wurde der Abfall unsortiert und wahllos in die so schön bunten Beutel gestopft und anschließend an der ehemaligen Müllsammelstelle deponiert. Die Sammelstelle war der Hafenzaun, weil dort ein Schild in vier Sprachen, das Lagern von Müll ausdrücklich verbietet.
Wir waren überrascht als Janis und auch andere Hafenanrainer den Inhalt der Säcke kontrollierten und Sünder samt Abfall zurück wiesen.
Die Abfuhr erfolgte auch streng getrennt. Sie machen Ernst war die Reaktion der Yachties.
Nachdem die Seglergemeinschaft begriffen hatte, dass die Entsorgung auch vorschriftsmäßig erfolgte, bemühte sich jeder um eine korrekte Trennung. Allen war bewusst, dass gerade bei so einer kleinen Insel, das Vermeiden und Trennen des Abfalls mit entsprechendem Recycling, ein großer Schritt zur Schonung der Umwelt ist. Aus dem anfänglichen Lächeln wurde bald Zustimmung.
Außerdem ist Janis ein unheimlich netter Kerl, mit dem wir bald Freundschaft schlossen.
Neben seiner Arbeit im Hafen bewirtschaftet er ein Stück Land oberhalb des Ortes. Dort hält er Hühner und Ziegen. Wenn er mal heiratet will er hier ein Haus bauen und nie von der Insel, wie viele andere, wegziehen.
Als Zeichen seiner Freundschaft stand er eines Morgens, mit selbst gemachtem Ziegenkäse und einer Tüte frischer Eier vor unserer Dream. Eine Bezahlung lehnte er fast beleidigt ab.
So sind sie halt, die Griechen.
Unser nächstes Ziel sollte Astipalaia, die westlichste Insel des Dodekanes sein. Von Lipsi aus, ein ca. 45 Meilenschlag, Kurs Südwest. Bei dem vorherrschenden Wind aus Nordwest ein toller Halbwindkurs. Wenn es denn Halbwind ist. Wir hatten aber tagelang „Halbsturm“. Windstärken um die 7-8 bf, in Böen 9, tobten permanent in einem Streifen entlang Amorgos, Levitha, Astipalaia in Richtung Karpathos. Genau diese Sektion mussten wir auf der Reise nach Astipalaia kreuzen. Also warten und das Wetter beobachten. Kein Problem, Lipsi ist traumhaft schön, die Menschen sind furchtbar nett und das Essen ist auch gut.
Jeden Morgen das gleiche Zeremoniell, Eintreffen der Skipper, das Laptop unter dem Arm, in der Calypso Kneipe, um den Wetterbericht über das Internet abzurufen. Der clevere Wirt hat einen Hotspot gerichtet.
Kurze Beratung der Bootsleute, Kopfschütteln und der Entschluss doch noch bis morgen zu bleiben.
Für mich waren das immer anstrengende Vormittage, weil ich nie pünktlich an Bord zurück war.
Nach fünf Tagen ging uns die Warterei auf die Nerven und wir entschlossen uns kurzerhand nach Patmos zu segeln um dort auf besseres Wetter zu warten.